Inhalt von Kurzgeschichten 2:
... und dann kam er ... Ein Sprung in der Schüssel Der Sommer Ein Tor fällt zu


... und dann kam er ...

Anfang Februar würde er kommen, doch das genaue Datum wisse er selbst noch nicht, aber kommen würde er sicher. Seine Mutter war überglücklich als sie dies vernahm. So lange hatte sie schon auf ihn gewartet und nun würde es bald soweit sein. Zwei in spätestens drei Wochen müsste er da sein, dachte sie und musste über ihre Ungeduld lächeln. Von mir aus sagte zu ihren Mann, hätte er auch schon morgen oder in ein paar Tagen kommen können. Worauf dieser meinte, wirst sehen er wird eher da sein als du dir denkst.

Ob Freundin, Nachbarin, jedem den sie kannte erzählte sie vom baldigen Erscheinen ihres Sohnes, wie sehr sie sich freue und die Zeit kaum noch erwarten konnte, bis er endlich da ist. Als eines Tages die Nachbarin wohlwollend zu ihr sagte: „Schon vergessen, sie haben es mir schon mehrmals erzählt, dass ihr Sohn nun bald kommt. Nur ich verstehe nicht den ganzen Aufwand den sie, seitdem sie wissen dass er bald kommt betreiben.“ Entrüstet sah sie die Nachbarin an und erklärte ihr: „Er soll sich hier wohl fühlen. Deshalb haben wir mein Mann und ich, in seinem Zimmer die Wände frisch gestrichen und neue Möbel für ihn gekauft. „Sie verwöhnen ihren Sohn aber sehr“, meinte darauf mokiert die rechte Augenbraue in die Höhe ziehend die Nachbarin. „Das verstehen sie nicht“, wider sprach sie empört der Nachbarin, weil sie sich in ihrer Mutterrolle angegriffen fühlte, „denn sie haben ja keine Kinder, und außerdem tut eine Mutter alles was ihr möglich ist, für ihre Kinder.“

Noch immer innerlich einen Zorn auf die Nachbarin verspürend, ließ sie sie einfach stehen und betrat ihre Wohnung um gleich in das Zimmer ihres Sohnes zu gehen. Mitten im Raum blieb sie stehen und betrachtete jedes einzelne Möbelstück. Das Bett, ob es wohl weich genug für ihn war, fragte sie sich selbst, auch ob der bequeme Fauteuil der in der Ecke beim Fenster stand, ihm behagen würde? Besonders gut gefielen ihr die große Kommode mit den Laden und der dazu passende Kasten, mehr als ausreichend Platz um all seine Sachen zu verstauen. Sie bückte sich und strich mit der Hand über den weichen Teppich der vor dem Bett lag, erhob sich, lies ihre Blicke nochmals durch den Raum schweifen und während sie das Zimmer verließ dachte sie, wenn er nur schon da wäre …

„Wieder sein Zimmer kontrolliert, ob alles in Ordnung ist?“, fragte schmunzelnd ihr Mann, als sie zu ihm in die Küche kam. Lächelnd nickte sie und erzählt ihm dann von dem Gespräch mit der Nachbarin. „Ach lass sie reden“, wandte er und machte dabei eine abwertende Handbewegung.

Die Tage zogen sich in die Länge, sie wurde immer ungeduldiger, auch die Ungewissheit wann er nun endlich kommen würde, machte ihr zu schaffen. Es war schon Anfang Februar und kein noch so kleiner „mucks“ ist von ihren Sohn gekommen. Verzweiflung stieg in ihr hoch und nur mit Mühe konnte sie ihr Mann beruhigen.

Sie hatte schon alles besorgt, was er eventuell brauchen würde, brauchen könnte. Ihre Ungeduld wuchs, ein Blick auf den Kalender zeigte ihr, dass schon der 6. Februar war, und noch immer wusste sie nicht, wann er nun endlich kommen würde. Auf die gut gemeinten Kommentare ihres Mannes, sie müsse sich halt in Geduld üben, meinte sie seufzend: „Ja wenn das nur nicht so schwer wäre.“

Am nächsten Morgen sagte sie zu ihren Mann: „Heute wird er kommen, er wird uns sicher überraschen wollen, darum hat er sich noch nicht gemeldet.“ Doch dieser schüttelte verneinend den Kopf und meinte: „Ich glaube nicht, dass unser Sohn ohne Voranmeldung kommt.“ So war es auch dann, der Tag verging und es kam keine Ankündigung, dass er nun bald hier sein wird.

Sie schlief in der Nacht sehr unruhig und stand schon früh am Morgen auf, ein Blick auf den Kalender zeigte ihr dass der 8. Februar war, und sie dachte, auch heute würde ihr Sohn nicht erscheinen

Doch dann überstürzten sich die Ereignisse, sie schaffte es geraden noch … … ... denn er würde doch heute noch kommen … … …

und dann kam ER … … schreiend … … …52 Zentimeter groß und 3750 Gramm schwer …

© L. W. 2013

Ein Sprung in der Schüssel

„Pass doch auf“, fuhr ziemlich erbost Romanas Oma ihre Enkelin an, weil diese etwas unsanft die Schüssel auf den Tisch gestellt hatte.

„Aber die ist doch eh schon uralt und so was von hässlich, eigentlich sieht sie ja aus wie ein Nachttopf, nur der Henkel fehlt “, konterte Romana zurück.

„Die Schüssel ist von meiner Mutter und die hat sie von ihrer Mutter bekommen, somit ein altes Erbstück und auch wertvoll“, sagte darauf belehrend ihre Oma.

„Mir brauchst sie nicht vererben, dieses hässlich Ding“, und zu ihren Vater gewandt meinte Romana spöttisch: „Papa sei froh dass du ein Mann bist, Oma wird dir die Schüssel sicher nicht vererben, als Mann kannst ja nichts damit anfangen, außer du verwendest sie als Nachttopf.“

„Sei nicht so frech zu deiner Oma“, ermahnte der Vater seine vorlaute Tochter.

„Die heutige Jugend weiß nicht zu schätzen, wie wertvoll altes Porzellan ist“, sprach Oma mehr zu sich selbst.

„Nicht böse sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schüssel wertvoll ist“, mischte sich nun Romanas Mutter in das Gespräch ein: „außerdem hat sie einen Sprung.“

„Der Sprung stört niemanden, außerdem, den hatte sie schon als sie noch im Besitz meiner Mutter war“, erwiderte darauf leicht verärgert Oma ihrer Schwiegertochter.

„Naja“, meinte diese: „was Heißes, eine Suppe zum Beispiel, würde ich mich nicht trauen in die Schüssel zu geben.“

„Jederzeit, kann man was heißes in die Schüssel geben“, sagte darauf schnippisch Oma: „das ist noch eine alte und gute Qualität, schau“, sie ging zum Herd nahm den heißen Suppentopf und lehrte ihn in die Schüssel.

Beim Abendessen konnten sich Sohn und Schwiegertochter sowie Enkelin anhören, um wie viel besser früher die Qualität war, heute nur mehr filigranes Geschirr hergestellt wird das so leicht zerbricht.

Romana verdrehte die Augen und konnte sich nicht verkneifen zu sagen: „Oma, mir gefällt die Schüssel trotzdem nicht, ob wertvoll oder nicht.“

„Du hast ja keine Ahnung“, antworte Oma: „und ob sie dir gefällt oder nicht eines Tages wird sie dir gehören, im Moment vielleicht nicht, aber später einmal wirst du dich darüber freuen.“

„Zum Glück gibt es ja die Altglassammlung, da kann ich sie ja entsorgen“, flüsterte Romana ihrer Mutter zu. Diese deutet ihr still zu, damit das Thema Schüssel endlich ein Ende findet.

Am nachhause Weg fragte Romana ihren Vater: „Du, Paps, Oma ist doch sonst nicht so, aber den Kult den sie mit der Schüssel betreibt ist doch nicht mehr normal, oder?“

„Oma hat da ihre eigene Wertschätzung, und davon kann sie niemand abringen, auch ich nicht“, antwortete ihr Vater: „und du wirst sehen irgendwann überreicht sie dir mit großen Tamm, Tamm diese Schüssel.“ „Ojegerle“, seufzte Romana.

„Du zeigst dich halt sehr erfreut, damit machst du Oma glücklich“, meinte darauf ihre Mutter.

„Naja, Oma zu liebe mache ich es“, meinte Romana großzügig.

„Tu das bitte“, sprach ihr Vater und klopfte dabei auf ihre Schulter, so als wenn er sie auszeichnen würde.

Einige Monate waren inzwischen vergangen, und so oft sie bei Oma auf Besuch waren, wurde immer wieder die Schüssel mit dem Sprung verwendet. Mal für einen Salat mal als Suppenschüssel. Tunlichst wurde jeder Kommentar bezüglich der Schüssel vermieden. So auch heute, denn Romana feierte ihren sechzehnten Geburtstag und Oma hatte sie und ihre Eltern zum Essen eingeladen.

„Heute zu deinem Ehrentag habe ich dir deine Lieblingssuppe gekocht“, empfing Oma ihre Enkelin.

„Hm, lecker, darauf freue ich mich schon, denn du machst die besten Grießnockerl“, sagte Romana zu ihrer Oma und drückte ihr ein Busserl auf die Wange. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer wo der Esstisch schon gedeckt war. Romana übersah auch nicht die Blumen die in einer Vase auf der Kommode standen und einige Päckchen die danebenlagen.

Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie die Schüssel mit dem Sprung sah, die am Esstisch stand und mit einem roten Band und riesiger Masche dekoriert war. Vorsichtig stupste Romana ihre Mutter an, um sie auf die Schüssel aufmerksam zu machen. „Pst“, flüsterte diese ihrer Tochter zu und legte dabei den Zeigefinger auf den Mund.

„Alles Gute zu deinem Geburtstag“, sagte Oma zu ihrer Enkelin, wobei sie diese umarmte und dann weiter sprach: „die Päckchen und der Blumenstrauß gehören dir, und ich habe noch eine überraschung für dich, doch die kommt dann später.“

Freudestrahlend viel Romana ihrer Oma um den Hals und bedankte sich für die Geschenke. Neugierig riss sie die Verpackung vom ersten Päckchen auf, als sie den missbilligenden Blick ihrer Oma bemerkt. Da fiel ihr ein, Oma verwendete kein Klebeband, damit sie das Geschenkpapier wieder verwenden konnte. So öffnete sie die anderen Päckchen nun vorsichtig und drückte das Geschenkpapier Oma in die Hand. überglücklich betrachtete sie ihre Geschenke und dachte, da hat sicher Mama Oma bei der Geschenke-Auswahl geholfen.

„So nun werden wir gemütlich Abendessen“, sagte Oma resolut: „ setzt euch nun nieder.“ „Kann ich dir helfen?“, fragte Romanas Mutter, doch Oma schüttelte nur verneinend den Kopf als sie zur Küche ging. Voller stolz kam Oma mit dem Suppentopf ins Wohnzimmer und stellt ihn am Esstisch ab.

Zu Romana gewandt sprach sie ernst: „Meine liebe Enkelin, heute essen wir das letzte Mal hier bei mir aus dieser Schüssel.“ Romana war so perplex, dass sie nicht wusste was sie sagen sollte, denn das ihr Oma heute die Schüssel übergeben wollte, damit hatte sie nicht gerechnet, und ihren Eltern erging es anscheinend ebenso.

Nun nahm Oma den heißen Suppentopf in die Hand und leerte in schwungvoll in die Schüssel. „Nau, hat es euch die Rede verschlagen?“ wandte sich Oma an ihren Sohn und Schwiegertochter, als in diesen Moment mit einem lauten Knall die Schüssel in zwei Teile auseinanderfiel.

Jetzt wird Oma sicher in Tränen ausbrechen, dachte Romana, gerade heut wo sie ihr die Schüssel übergeben wollte, musste diese zerspringe. ähnliche Gedanken dürften auch ihre Eltern gehabt haben, als sie in deren betroffene Gesichter sah.

Doch zu ihrer aller Verwunderung fing Oma herzlich zu lachen an. Vor lauter lachen liefen ihr sogar Tränen über die Wangen. „Hast du jemals so die Suppe serviert bekommen?“ fragte sie noch immer lachend ihre Enkelin: „eigentlich nur Grießnockerln, denn die Suppe hat das Tischtuch aufgesogen. Jetzt kann ich dir etwas gestehen“, wandte Oma sich an ihre Enkelin und wischte sich die Tränen von den Wangen: „wie du mir vor ein paar Monaten gesagt hast, dass dir die Schüssel überhaupt nicht gefällt, war ich im ersten Moment gekränkt. Die nächsten Tage habe ich sie immer wieder betrachtet, und festgestellt du hast recht, wenn noch ein großer Henkel daran wäre, könnte man meinen es wäre ein Nachttopf, wie man ihn früher verwendet hat. Aus Sturheit habe ich immer wieder diese Schüssel verwendet, auch um dir zu beweisen liebe Schwiegertochter, auch wenn sie einen Sprung hat, kann man dennoch etwas Heißes da rinnen servieren. Ich wollte sie heute das letzte Mal verwenden …. hatte aber nicht vor sie Romana zu übergeben, sondern die Schüssel von nun an als übertopf für einen Blumentopf zu verwenden.“

Nun stand Romana auf nahm die zwei Teile der Schüssel in die Hand und drückte sie aneinander. „Ich habe eine Idee“, wandte sie sich an ihre Oma: „da ich gut in basteln bin, werde ich dir die Schüssel zusammenkleben, sie dann bemalen, somit bekommst du einen schönen übertopf für deine Blumen.“ Liebevoll sah Oma ihr Enkelin an als sie zu ihr sagte: „Damit würdest du mir eine große Freude machen, denn viele schöne Erinnerungen sind für mich mit der Schüssel verbunden, deshalb ist sie für mich so wertvoll.“

„Für mich nun auch“, dabei streichelte Romana Omas Wange währen sie weiter sprach: „ab nun, wenn ich die Schüssel beziehungsweise den übertopf sehe, werde ich mich immer an dein Lachen erinnern als die Schüssel entzwei brach. Aja, noch etwas Oma, ich freue mich auf den Tag wo du mir den Schüssel-übertopf übergeben wirst, eines kann ich dir jetzt schon versprechen, ich werde sehr achtsam damit umgehen, denn auch für mich ist sie sehr wertvoll.“

© L. W. 2011

Der Sommer

In dem kleinen Luftkurort am Rande der Buckligen Welt, hatte sich das Gerücht verbreitet, dass der Sommer heuer nicht komme. Als dies der Bürgermeister vernahm, orderte er gleich eine Gemeinderatssitzung an, die in einer Stunde stattfinden soll. Als wenig später der Gemeinderat vollzählig da war fragte er zornig um sich blickend die Anwesenden: „Wer wagt es so ein albernes Gerücht in die Welt zu setzen, dass heuer der Sommer nicht komme?“

Einige Sekunden lang Stille, dann erhob sich räuspernd der Bürgermeister-Stellvertreter und sprach sich nochmals räuspernd zögernd: „Ich habe es von den umliegenden Bauern vernommen. Sie meinten um diese Zeit ist der Sommer schon längst da, aber heuer gibt es nicht das geringste Anzeichen einer Anwesenheit von ihm.“

„Einige Bauer haben ihn schon sogar gesucht, weil sie glaubten der Sommer habe sich vielleicht irgendwo versteckt“, sagte darauf die Sekretärin des Bürgermeisters. „So ein Blödsinn“, unterbrach der Polizei-Kommandant die Sekretärin. Erregt und mit funkelnden Augen unterbrach nun sie wiederum den Kommandanten: „Haben sie vergessen, wie wir vor ein paar Jahren den Sommer gesucht haben, weil er einfach verschwunden war?“

Bedächtig erhob sich nun ein älterer Herr, machte eine beschwichtigende Handbewegung und sprach: „Jetzt zu streiten hat wenig Sinn. Wir alle hier Anwesenden wissen, wie wichtig der Sommer für uns ist. Wir auf seine Hilfe angewiesen sind, wie all die Jahre zuvor.“ Sich umschauend jeden einzelnen betrachtend fragte er dann: „Hat wer von euch den Sommer beleidigt, dass nicht einmal die geringste Ankündigung da ist, dass er kommt?“

Allgemeines verneinendes Kopfschütteln war die Antwort.

„Wir werden der Sache auf den Grund gehen“, wetterte der Bürgermeister und schlug dabei mit der Faust auf den Tisch. „Sie als Polizei-Kommandant“, wandte er sich an diesen, „ werden jeden Einwohner dieses Ortes befragen, ob er etwas weiß, warum der Sommer noch nicht hier ist.“

Auch die Befragung aller Ortsansässigen brachte keinen Erfolg. Die Bevölkerung machte sich nun schon Sorgen um den Sommer, denn alle mochten ihn. Sie begannen den Sommer zu vermissen, er fehlte ihnen, hatte er doch schon so viel für sie getan. Doch der Sommer, er war noch immer nicht da.

Die Einwohner des kleinen Ortes begannen sich zu fragen was tun, wenn dieses Jahr der Sommer ausblieb? Oder er überhaupt nicht mehr kam? Dies kann er nicht tun meinten einige der Anwohner. Der Großteil aber sagte, warum sollte er es nicht tun können, es steht ihm doch frei, ob er kommen möchte oder nicht.

Die Tage zogen sich dahin, es verging der Juni, dann der Juli, aber noch immer keine Ankündigung dass der Sommer kam. So begann man die verschiedensten Vermutungen an zu stellen, warum er heuer der Ortschaft fern blieb.

Viele der hier wohnenden Menschen gaben die Hoffnung auf, dass der Sommer noch komme. Nur wenige unverzagte meinten, ihr werdet es schon noch sehen, er kommt sicher im August.

Mürrisch betrachtete der Bürgermeister den Terminkalender der vor ihm am Schreibtisch stand. Es war Ende Juli und der Sommer hatte noch immer nicht sein Erscheinen angekündigt. Verzweifelt wischte er sich den Schweiß von der Stirne, denn es war heute extrem heiß.

Als mit quietschenden Reifen und hupend ein Auto vor dem Rathaus hielt. Schnell eilte er ans Fenster, er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, denn aus dem Auto stieg jener Mann, dem die Einwohner durch seine jährlichen großzügigen Spenden, so vieles zu verdanken hatten. Wie die Renovierung der Schule, die Spielgeräte für den Kindergarten, die Errichtung des Gemeinschaftszentrum, und so vieles mehr.

Hastig rannte der Bürgermeister die Stufen hinunter riss das Rathaustor auf um Freude strahlend den Mann der gerade aus dem Auto stieg zu begrüßen. „Welche Freude sie zu sehen Herr Sommer“, sagte er überschwänglich zu dem Mann und reichte ihm dabei die Hand.

„Vergessen Bürgermeisterchen?“, fragte der Mann schmunzelnd: „ich bin als Kind oft genug wegen meines Namens August Sommer gehänselt worden. Deshalb haben wir uns doch ausgemacht, den Herrn lassen wir weg.

Seit dem gefällt mir mein Name, es ist doch super wenn man sagt,

schau ... der Sommer ist auch wieder da ...“

© L. W. 2012

Ein Tor fällt zu

Schwerfällig öffnet sich das alte, aus dicken Balken bestehende Holztor der Burgruine und gab den Besuchern, zu denen auch die befreundeten Paare Klaus und Marie sowie Peter und Sonja gehörten den Zugang zum Innenhof frei. Ein großer Brunnen von einem verschnörkelten Schmiedeeisengitter umgeben weckte die Neugierde von Peter.

„Klaus“, rief Peter, „komm doch bitte mal zu mir hier her. Wäre dies nicht ein tolles Ambiente für euer Trauungszeremoniell?“ und deutete dabei mit der Hand rundherum. Worauf dieser den Zeigfinger an die Stirn legend zu Peter zischte: „Du hast ja einen Vogel. In dieser halb zerfallenen Ruine doch nicht, wo das anscheinend intakte nur das vom Holzwurm durchlöcherte Holztor ist.“

Als Marie dies sah, fragte sie die beiden: „He was ist mit euch los?“ „Nichts“, antwortete Peter sogleich, „alles ok, ich meinte nur zu Klaus, dies wäre doch ein super Raum für eure bald statt findende Trauung.“

„Du hast recht“, stimmte Marie begeister zu, „deine Idee gefällt mir sehr gut.“ „Bevor ihr zum Pläne schmieden anfängt, müsst ihr euch erst erkundigen ob es überhaupt möglich ist die Trauung hier zu vollziehen“, meinte darauf Sonja, „und auch das Einverständnis des Ruinenbesitzers oder der Besitzerin braucht ihr auch dazu.“

„Ich weiß nicht, ob das wirklich so ein guter Einfall ist“, wandte Klaus ein, worauf ihn Marie unterbrach: „gehen wir nicht oft im Leben durch ein Tor, lassen so manches zufallen, wie das Tor der Kindheit zum Beispiel. Gerade durch dieses alte Tor mit seinen mächtigen Torbogen nach der Trauung zu gehen symbolisiert den Anfang unseren neuen Lebensabschnitt.

„Was hält ihr über meinen Vorschlag“, unterbrach Peter die beiden, „wir schauen uns jetzt die Handwerks-Ausstellung an, darum sind wir ja auch hergekommen. Anschließen setzen wir uns bei mir zusammen und können in aller Ruhe darüber reden“, und sah sie dabei fragend an, „nun was sagt ihr dazu?“ Sein Vorschlag fand allgemeine Zustimmung.

Einige Zeit später saßen sie im gemütlichen Wohnzimmer von Peter und Sonja sagte zu Marie: „ Deine Sichtweise von dem Tor gefällt mir gut. Mir wurde bewusst wie wenig Beachtung ich eigentlich einem Tor geschenkt habe, außer ich hatte mal den Haustorschlüssel liegen lassen.“ Allgemeines Gelächter war die Antwort, und Peter feixte: „Tja, manchmal verschließt sich ein Tor von selbst ohne unser zu tun.“

„Lassen wir nicht manchmal selbst ein Tor zufallen, aus den verschiedensten Gründen, obwohl man es gar nicht schließen wollte?“, fragte nun Klaus.

„Vielleicht aus Angst, Voreiligkeit, Sturheit oder Stolz. Es ließen sich sicher noch einige Gründe aufzählen“, meinte Marie.

„Ich habe einmal eine Geschichte über ein Konflikttor gelesen“, fing nun Peter zu erzählen an, „jeder der Kontrahenten bekam einen Versöhnungsschlüssel. Die Schlüssel funktionieren nur, wenn sie von beiden Seiten verwendet werden. Leider stand nicht dabei wie lange es dauerte bis einer der beiden den ersten Schritt tat, und den Schlüssel vorsichtig ins Schloss steckte, probierte ob er sich auch drehen lässt. Ja, er lässt sich, den es gab schon den Versuch von der anderen Seite. Es gab kein, zuerst musst du, oder ich, sondern lass es uns gemeinsam versuchen.

„öffnen sich nicht immer wieder neue Türen“, wandte Klaus ein, „denn wenn dies nicht so wäre, würde doch das Leben zu einem Stillstand kommen.“

„Stimmt“, pflichtete ihm Sonja bei, „das Leben ist kein Wunschkonzert, manchmal bricht die eigene Welt zusammen wie ein Kartenhaus. Ein Tor fällt zu, welches einen Lebensabschnitt beendet, und man steht einige Zeit trotzdem noch davor, sehr wohl wissend dieses Tor wird sich nie mehr öffnen. Man muss mit dem Verlust fertig werden, ihn annehmen um daran reifen zu können, persönlich weiter entwickeln.“

„Jede Krise bietet doch die Möglichkeit, das Leben besser zu verstehen lernen. Alt lähmende Faktoren hinter sich zu lassen, sich selbst und sein innerstes besser kennen verstehen zu lernen“, antwortete darauf Peter und fragend weiter: „Ist es denn nicht so, nur leere Hände können wieder gefüllt werden?“

„Eine Sache hat nun mal immer zwei Seiten, auch die tollen Dinge sind nicht immer nur toll, im Nachhinein betrachtet“, antwortet Klaus, „du kannst eine Palatschinke noch so dünn backen, trotzdem hat sie immer zwei Seiten.“

„Welch toller Vergleich“, antwortete Peter und lachend weiter während er Klaus auf die Schulter klopfte: „Klausi, Klausi gib immer 100% außer … außer beim Blutspenden.“

„Eine Frage an euch, haben wir die freie Wahl, auszuwählen durch welches Tor wir gehen?“, unterbrach Sonja die Witzelei von Peter und sah dabei fragend die Freundesrunde an.

„Oder wir stehen davor und warten zuerst ab bis eines aufgeht, und wer durch das Tor heraus kommt, um sich einen Einblick zu verschaffen“, meinte schmunzelnd Peter.

„Du und deine Scherze“, unterbrach Marie Peter, „Ich denke ein Tor steht immer offen, das Tor der Erkenntnis über uns selbst, durch das wir sehr oft im Legen gehen. Wir an Erfahrungen lernen und dadurch an Sicherheit gewinnen.“

„Ist es nicht das verschlossene Tor das mehr reizt als zehn offene, da man dahinter das geheimnisvolle vermutet“, meinte Marie, „oder vermeint vielleicht eine Chance zu verpassen.“

„Eines finde ich toll“, sagte Klaus, „wir reden über zugefallene, offene oder zu öffnende Tore. Das Thema ließe sich noch endlos fortsetzen. Aber über das Für und Wider einer Trauung in der Burgruine haben wir noch immer nicht gesprochen.“

„Bumm, so hört es sich an wenn hinter dir nach der Trauung das Tor zur Burgruine zufällt“ … erklärte lachend Peter Klaus, „und vorbei ist es mit deiner Junggesellenzeit …

© L. W. 2010