Inhalt von Fantasiegeschichten:
Ein Buch ohne Titel und Autor
1. Teil
Ein Buch ohne Titel und Autor
2. Teil


Ein Buch ohne Titel und Autor 1. Teil

So begann es ...

Endlich war einer dieser langen trostlosen Tage zu Ende, dachte ich. Auch der gerade begonnene Abend so wie die folgende Nacht würde sich sicher auch endlos dahin ziehen bis die Morgendämmerung erwacht.

„Bist daran selber schuld, dass es so ist“, hörte ich eine Stimme sagen. Erstaunt sah ich mich um, aber außer mir war niemand im Zimmer. So ging ich nun durch alle Räume der Wohnung, auch die Eingangstüre war verschlossen als ich nach sah, es war niemand hier, nur ich …. alleine.

Vielleicht habe ich es mir nur eingebildet diese Stimme zu hören, sinnierte ich weiter, aber dass ich selber schuld sei, ließ mich nicht zur Ruhe kommen, denn die Stimme hatte recht. Ich ließ den Tag und auch die Nacht dahin schleifen anstatt es zu ändern. Ich stellte nun überlegungen darüber an, wie ich diesen Zustand ändern könnte, hatte ja, die ganze Nacht Zeit dazu.

So, nun stand ich da, irgendwie verloren, in dem riesigen Buchladen, um mir Bücher zu besorgen. Diese Idee war das Resultat meiner überlegungen in der Nacht. Langsam trat ich an eine der vielen Bücherwände, erblickte die endlosen Reihen an Büchern und mir wurde auf einmal bewusst, dass ich nach einem bestimmten Buch suchte. Ich kannte weder den Titel noch das Aussehen des Buches, aber da war diese innerliche Sicherheit in mir, dass ich das gesuchte Buch hier finden würde.

So schritt ich eine Bücherwand nach der anderen ab, ließ meine Augen über die unzähligen Bücher gleiten, aber das Buch, welches ich suchte, war nicht dabei. Als ich mich so umschaute im Buchladen, entdeckte ich einen Tisch auf dem verstreut Bücher lagen, darüber ein Schild worauf Abverkauf stand. Es zog mich nun wie magisch zu diesen Büchertisch und als ich davor stand nahm ich eines der Bücher die dort lagen in die Hand. Nein es war nicht welches ich suchte, legte es wieder zurück, schloss nun die Augen und ließ nun meine Hand über die Bücher gleiten.

Da hörte ich eine Stimme die zu mir sagte: „Hier ist das Buch, welches du suchst“, und spürte wie mir etwas in die Hand gedrückt wurde. Sofort öffnete ich die Augen aber da war niemand, nur ich, ein Buch in der Hand haltend. Ich war mir ganz sicher, das war dieselbe Stimme von gestern gewesen. Dank der Hilfe der Stimme habe ich das Buch, das ich gesucht hatte gefunden, Schnell ging ich zur Kassa um zu bezahlen. Jetzt hatte ich es eilig, nach Hause zu kommen, wollte ich doch so bald als möglich, in dem innerlich von mir gesuchten Buch zu lesen beginnen.

Endlich, ich saß in meiner Lieblingskuschelecke auf der Couch und betrachte das Buch nun in Ruhe und aufmerksam. Mir fiel sofort auf, auf dem Buch stand kein Titel, auch kein Autor, es war gebunden in einen braunen Ledereinband worauf sich eingekerbt wie Hieroglyphen befanden. Vorsichtig öffnete ich das Buch … sah mich selbst bei einem alten Mann am Lagerfeuer sitzen und fragen: „Bitte nenne mir das Geheimnis dieses Buches.“

Der alte Mann sprach: „Psst, sei still ... und lass dir von dem Buch seine Geheimnisse erzählen.“

Da war sie wieder, die Stimme die ich gestern und heute gehört hatte, aufmerksam betrachtete ich sein Gesicht, sah die tiefen Falten um die Augen, aber auch die Güte die daraus strahlte. „Danke“, hörte ich mich sagen und wollte seine Hand ergreifen, aber ich griff ins leere noch immer auf der Couch sitzend.

Nun blätterte ich zur nächsten Seite … da stand ich an einem weißen Sandstrand halb umgeben von grau glitzernden Steinfelsen als würden sie mich beschützen, aber mir den Blick ins Landesinnere verwehrten. Vor mir lag das weite in der Sonne Türkis glänzende Meer, das mit sanften Wellen meine Füße umspülte. Ich entledigte mich meiner Kleider und ging langsamens Schrittes den Meer entgegen um immer weiter darin ein zu tauchen. Als ich keinen Grund mehr unter den Füßen spürte, legte ich mich auf den Rücken und ließ mich mit geschlossenen Augen vom Meer mit weit ausgestreckten Händen tragen. Sanft schaukelte ich auf den Wellen hin und her die Sonne auf der Haut spürend und die Ruhe die mich umgab, auch die Geborgenheit die ich empfand. Stundenlang könnte ich so dahin treiben, einfach Gedankenlos so dahin treiben…

Ein dumpfer Ton schreckte mich auf und als ich die Augen aufmachte, saß ich noch immer auf der Couch, eine leichte Salzkruste auf der Haut spürend, mit nassen Haaren, doch meine Kleidung war trocken. Das Buch lag am Boden vor der Couch, es dürfte mir aus der Hand gefallen sein. Noch ganz verwundert über das eben erlebte, bückte ich mich nach dem Buch um es auf zu heben.

Sachte legte ich es in meinen Schoß und öffnete es erneut, hoffte und wollte ich doch wieder zu diesem Sandstrand gelangen. Doch ich schaute nur auf eine leere Seite, es stand weder etwas geschriebenes dort, noch gab es eine Zeichnung oder sonst etwas. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, machte mehrmals meine Augen auf und zu, aber die Seite blieb leer.

Vorsichtig fuhr ich mit der rechten Hand über die leere Seite … es war, wie wenn wer meine Hand in das Buch zog, dann den Arm, dann mich als ganzer bis ich in einer Grotte stand in der von oben eigenartige Lichtstrahlen im See, der sich in der Grotte befand spiegelte. Leise Musik fing zu spielen an und die Lichtstrahlen begannen im Takt sich dazu zu drehen und hatten nun die diversen Spektralfarben die sie ständig wechselten. Ich war wie gebannt von diesem Schauspiel, wiegte mich, wie ich bemerkte auch im Takt der Musik mit. Die Lichtstrahlen tanzten näher an mich heran, und ohne das ich was tat, gingen meine Hände hoch um diese zu berühren. Nun tanzten die Lichtstrahlen wie einen Reigen auf meinen Handflächen, den schönsten den ich jemals gesehen hatte …

Plötzlich umfing mich Dunkelheit, saß ich doch noch immer in meiner Kuschelecke auf der Couch. Das Buch hielt ich geschlossen in meinen Händen. Bedächtig legte ich es neben mir auf den Tisch, stand auf und drehte das Licht auf, um meine Hände betrachten zu können. Sie waren unverändert, doch in meinen Gedanken tanzten die Lichterstrahlen wieder ihren Reigen darauf.

Welch wunderbare Erlebnisse, waren meine Gedanken, dank des Buches. Der Sandstrand, das baden im Meer, noch immer fühlte ich das Salz auf meiner Haut, den Lichterstrahlenreigen auf meinen Händen.

Was es wohl noch so alles in sich verborgen hält das Buch, fragte ich mich. Irgendwie fühlte ich, für heute war es genug, denn es war ein unendliches glücklich sein in mir.

Ein anderes Mal, wenn der richtige Augenblick da ist, werde ich wieder dieses Buch öffnen …

© L. W. 2011     Mit dieses Geschichte den Literaturpreis 2011 vom Kulturverein Carpe Diem gewonnen.

 

Ein Buch ohne Titel und Autor 2. Teil

Es ist schon einige Zeit her, als ich das letzte mal dieses Buch in Händen hielt, doch nun war der Zeitpunkt da, es zu öffnen.

Behutsam nahm ich es zur Hand und ließ es einfach auseinander klappen. Verwundert sahen meine Augen als ich die aufgeschlagene Seite Betrachtete, wie sich Wörter und Buchstaben zu einer unhörbaren Melodie bewegten. Den zarten Lufthauch von Schmetterlingsflügel verspürend schwebten einige anscheinend dem Himmel entgegen. Manche Worte ruhten sich auf einer Wolke aus, andere wiederum purzelten durcheinander. Ratlos bleiben sie stehen, bis ein Windhauch die Buchstaben weitertreibt um neue Wörter zu bilden.

Doch viele dieser Wörter und Buchstaben landen verstreut in einer wunderschönen mystischen Welt. Wie quirlige Leuchtwesen sind ein paar inspirierende Wörter, geboren aus Freude und Optimismus und vielem mehr. Sie haben viele Gefährten, wie die Phantasie, die Neugierde oder Abenteuerlust, die sie bei ihrer Reise übern den Regenbogen begleiten.

Andere Wörter sind einfach sanft, schön und bunt. Sie sind wie Sonnenkinder im Frühling, denke ich. Sie verströmen den zarten Duft des beginnenden Lebens. Sie spielen mit dem Wind und wippen leicht und fröhlich auf den sprießenden Grashalmen. Wenn man genau hinhört, kann man einen zarten Glockenton vernehmen.

Manche, so bemerke ich, sind starrsinnig, stur und kantig. Sie wirken auch dunkel und düster und ich empfinde sie als unangenehm, ja fast bedrohlich. Soll ich sie anlächeln, sie in den goldenen Sonnenstrahl setzen, frage ich mich. Würden sie Gefallen daran finden, oder im wärmenden Licht der Sonne daran verbrennen?

Nun lenken mich die ständig mit einander quasselnden Buchstaben ab, die eigentlich nichts zu sagen haben. Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen rennen sie herum und jeder driftet in eine andere Richtung. Es sind meist die Querulanten, die den Gedankenzug entgleisen lassen. Keiner will es dann gewesen sein, und man weiß buchstäblich nichts dazu zu sagen.

Als Sprungbretter sind manche Wörter geeignet, wie ich im rechten unteren Eck, der Buchseite bemerke. Der überraschungseffekt ist auf ihrer Seite. Sie werden kaum erwähnt, und doch trampelt man auf ihnen herum, bis die Feder losschnellt und man recht unsanft in der Tatsache landet.

Erstaunt sehe ich, es gibt manche Zeichen, die passen nicht zusammen. Sie sind sich fremd, zu viele Spitzen und Kanten, viel zu wenige Rundungen. Sie schwirren ziellos ohne Orientierung, kreuz und quer herum, ohne damit etwas zu erreichen. Es fällt mir gleich auf, dass nur eine Kleinigkeit fehlt, ein Strich, ein Leerraum, eine neue Sichtweise, ein Atemzug, und schon hätten sie ein harmonisches Miteinander.

„Alles wird gut!“, vernahm ich plötzlich die Stimme des alten Mannes. „Zweifel, Verlust und Angst, oder sonstige Verneinung des Seins, sie alle finden keinen Weg in die Freiheit!

Gezielt aneinander gereihte Wörter, ergeben einen Satz, für ein sinnvolles Verstehen. Diese Sätze sollten sein wie ein Gemälde!“

Obwohl ich so sehr hoffte, der alte Mann würde weitersprechen, blieb er stumm und doch ist in mir das Gefühl, er weist mich auf eine bestimmte Stelle im Buch hin.

Nun sah ich sie, die Wörter die zu strahlen schienen, wie reines Licht. Transparenz schwebend, von leuchtender Weichheit umgeben, begleitet von Klängen aus dem Universum. In einem Raum ohne Mauern und Grenze. Es ist eine Atmosphäre die ich nicht in Worte fassen kann. Es sind Wortseelen kommt mir in den Sinn, sie begleiten die Lebenslinien, die ihren Weg erst finden. Die Liebe ist hier zu Hause und wie ein Engel führt sie einem durch die verwirrenden Welten zurück zur Quelle und schenkt einem Flügeln.

Wenig später fühle ich mich an der Hand genommen und tanze mit den Feen und Elfen im Lebenstraum durch das grenzenlos Zeitfenster.

© L. W. 2014